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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 24.05.2000
Aktenzeichen: 20 W 200/00
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 226
WEG § 44 Abs. 1
WEG § 16 Abs. 2
WEG § 47 S. 1
WEG § 47 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 200/2000

4 T 141/2000 LG Wiesbaden

61 UR II 156/99 AG Wiesbaden

In der Wohnungseigentumssache ...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 29.03.2000 am 24. Mai 2000 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung auch über die Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen.

Wert: 3.000,-- DM

Gründe Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig.

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Die angefochtene Entscheidung beruht auf einem Verfahrensmangel, weil das Landgericht nicht mündlich verhandelt hat (§ 44 Abs. 1 WEG, § 27 Abs. 1 FGG, 9 550 ZPO).

Nach § 44 Abs. 1 WEG soll in Wohnungseigentumssachen der Richter mit den Beteiligten mündlich verhandeln und dabei darauf hinwirken, daß sie sich gütlich einigen; daneben dient die mündliche Verhandlung auch der Sachverhaltsaufklärung (Bay0bLG WE 1993 349 [350]; OLG Hamm NZM 1998, 769 mit weiteren Nachweisen; Palandt/ Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 59. Aufl. zu § 44 WEG Rdn. 1).

§ 44 Abs. 1 gilt auch für das Beschwerdegericht (allgemeine Meinung; vgl. zuletzt den Beschluß des Senats vom 11.05.2000 - 20 W 410/99 -; Bärmann/Pick/Merle, Wohnungseigentumsgesetz, 8. Aufl., § 44 Rdn. 24 mit weiteren Nachweisen; Palandt/Bassenge, a.a.0.), wobei die mündliche Verhandlung vor der vollbesetzten Zivilkammer stattzufinden hat (Bay0bLG a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.; Bärmann/Pick/Merle a.a.0.).

Von einer mündlichen Verhandlung darf nur in besonderen Ausnahmefällen abgesehen werden. Wird ein solcher Ausnahmefall angenommen, bedarf dies einer entsprechenden Begründung (Bay0bLG a.a.O.; OLG Hamm a.,a.O.; Bärmann/Pick/Merle, a.a.0. mit weiteren Nachweisen).

Gegen diese Grundsätze hat das Landgericht hier verstoßen. Es hat nicht mit den Beteiligten mündlich verhandelt und auch nicht überzeugend begründet, warum dies entbehrlich war. Eine gütliche Einigung kann in aller Regel nicht von vornherein ausgeschlossen werden (OLG Hamm a.a.0. [770] mit weiteren Nachweisen). Dies gilt auch im vorliegendem Fall. Zwar ist bereits in der Wohnungseigentümerversammlung vom 16.03.1999 ein Angebot der Antragsgegner, 3.000.-- DM in die Instandhaltungsrücklage für den Fall zahlen zu wollen, daß die Eigentümer den Einbau der streitgegenständlichen Tür und damit ein Sondernutzungsrecht an dem durch die Verlagerung des Eingangs zu den Wohnungen der Antragsgegner geschaffenen Raum gestatten, ohne die allseits erforderliche Akzeptanz geblieben. Hier bestand indes nach Auffassung des Senats für das Landgericht Anlaß, selbst auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Insbesondere ist nicht ersichtlich, daß gegebenenfalls eine Aufstockung des Angebots und/oder eine Erhöhung der Miteigentumsanteile der Antragsgegner, was letztlich für sie gemäß § 16 Abs. 2 WEG zu einer höheren und für die übrigen Wohnungseigentümer zu einer geringeren Kostenlast führen würde, die Bereitschaft der Antragstellerin fördern könnte, von dem Beseitigungsverlangen Abstand zu nehmen.

Das Fehlen einer Beschwerdebegründung rechtfertigt es ebenfalls nicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. zuletzt den Beschluß vom 11.05.2000 - 20 W 410/99 -; ebenso Weitnauer, WEG, 8. Aufl., § 44 Rdn. 1; OLG Hamm a.a.0. [770]). Zwar hatten die Antragsgegner hier ausreichend Zeit, ihre Beschwerde zu begründen, eine Entscheidung durfte das Landgericht aber jedenfalls im Hinblick auf die vorliegende Sachlage nur nach mündlicher Verhandlung treffen.

Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf diesem Verfahrensmangel, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß sie im Fall einer ordnungsgemäßen mündlichen Verhandlung anders ausgefallen wäre. Sie ist daher aufzuheben. Die Zurückverweisung der Sache gibt dem Landgericht Gelegenheit, die versäumte Verfahrenshandlung nachzuholen und zu prüfen und zu entscheiden, ob ­ sollte es nicht zu einer Einigung zwischen den Beteiligten kommen ­ dem Beseitigungsverlangen das "Schikaneverbot" des § 226 BGB entgegensteht, das auch im Wohnungseigentumsverfahren zu beachten ist (vgl. Bärmann/Pick/Merle, 9 13 Rdn. 39 und § 14 Rdn. 13). Die Ausübung eines Rechts ist nämlich dann unzulässig., wenn dies - objektiv - dem Berechtigten keinerlei Vorteil zu bringen vermag und lediglich dem Zweck dient, einem anderen Schaden zuzufügen, ein Beseitigungsanspruch also nur deshalb geltend gemacht wird, um den "störenden" Miteigentümer zu schädigen (vgl. OLG Frankfurt NJW 1979, 1613; Bielefeld, Der Wohnungseige'ntümer, 5. Aufl., S. 331). Ob dies hier angesichts der Ausführungen der Rechtsbeschwerde zu I. in dem Schriftsatz vom 25.04.2000 bereits der Fall ist, wird das Landgericht bei seiner Entscheidung zu erwägen haben.

Daneben bemerkt der Senat, daß der im übrigen von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung, aufgrund des "Mehrheitsbeschlusses" vom 16.03.1999 (zu TOP 5) hätten die Antragsgegner das Recht erlangt, die bauliche Veränderung durchzufahren, nicht gefolgt werden kann. Nach der Rechtsprechung des Senats, die insoweit in Übereinstimmung mit derjenigen des Landgerichts steht, stellt sich ein Beschluß, der - wie sich hier aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 16.03.1999 ergibt unter der Voraussetzung notwendiger Einstimmigkeit gefaßt werden soll, die nicht erreicht wird, als sogenannter Nichtbeschluß dar. Auf einen solchen nicht gültigen Beschluß kann sich ein Wohnungseigentümer nicht berufen (vgl. OLG Frankfurt DWE 1986, 64 mit weiteren Nachweisen).

Bei seiner Entscheidung wird das Landgericht auch über die Verteilung der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde nach § 47 S. 1 und S. 2 WEG zu befinden haben.

Einer vorherigen Anhörung der Antragstellerin durch den Senat bedurfte es nicht, weil dies zu keiner anderen Entscheidung geführt hätte.

Den Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren hat der Senat in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen auf 3.000.- DM festgesetzt (§ 48 Abs. 3 WEG).

Ende der Entscheidung

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